Präsident Trump und seine Zölle – steht der Welthandel vor dem Abgrund?

Präsident Trump und seine Zölle – steht der Welthandel vor dem Abgrund?

Trumps „Liberation Day“: Eine handelspolitische Bankrotterklärung?

Am Abend des 2. April 2025 lud US-Präsident Donald Trump um 22 Uhr Mitteleuropäischer Zeit in den Rosengarten des Weißen Hauses ein, um seine neuen Zölle auf Handelspartner der USA live vor den Kameras der Weltöffentlichkeit zu verkünden. Was als „Liberation Day“ – der Tag der Befreiung – angekündigt wurde, entpuppte sich nach einer Stunde voller narzisstischer Selbstdarstellung und wirtschaftspolitischem Blindflug als ein Moment, der viele Beobachter ratlos zurückließ. Die Verkündung war nicht nur inhaltlich fragwürdig, sondern wirft auch ernsthafte Fragen über die Zukunft des globalen Handels auf. Was ist passiert, wie wurden die Zölle berechnet, und was bedeutet das für uns alle? Lassen Sie uns das Schritt für Schritt aufdröseln.

Der Ablauf: Show statt Substanz

Die Veranstaltung begann nach Börsenschluss in den USA – ein Timing, das wohl kein Zufall war, angesichts der unmittelbaren Marktreaktionen. Trump präsentierte sich in gewohnter Manier: laut, selbstbewusst und mit einer Rhetorik, die weniger auf Fakten als auf Emotionen setzte. Nach einer Weile wurde eine große Tafel enthüllt, die die Handelspartner der USA auflistete, daneben die „Zölle“, die diese Länder angeblich auf US-Produkte erheben, und die neuen US-Zölle auf Importe aus diesen Ländern. Die Zahlen waren beeindruckend – und verwirrend. Große Prozentsätze, oft im zweistelligen Bereich, mit einer Untergrenze von 10%. Doch bei genauerem Hinsehen wurde klar: Hier stimmt etwas nicht.

Die „Zölle“: Eine kreative Neudefinition

Trump sprach von „reziproken Zöllen“, die den unfairen Handel ausgleichen sollen. Die Idee klingt simpel: Was andere Länder den USA antun, zahlen die USA zurück. Doch die Zahlen auf der Tafel ließen Zweifel aufkommen. Nach intensiver Recherche und einigem Nachrechnen kristallisiert sich ein Bild heraus, das ebenso absurd wie alarmierend ist: Was Trump als „Zölle“ der Handelspartner bezeichnet, sind keine Zölle im klassischen Sinne. Stattdessen scheint es sich um eine eigenwillige Berechnung zu handeln, die auf dem Quotienten des US-Handelsbilanzdefizits mit einem Land und dessen Exportwerten in die USA basiert.

Nehmen wir ein Beispiel zur Veranschaulichung:

  • Land A exportiert Waren im Wert von 100 Milliarden Dollar in die USA.
  • Die USA exportieren Waren im Wert von 50 Milliarden Dollar in das Land A.
  • Das ergibt ein Handelsdefizit von 50 Milliarden Dollar aus US-Sicht.
  • Teilt man dieses Defizit (50) durch den Exportwert von Land A (100), erhält man 0,5 – oder 50 %.
  • Trump nennt diese 50 % einen „Zoll“, den das Land A angeblich erhebt.

Die Pointe: Das ist kein Zoll. Zölle sind Abgaben, die ein Land auf importierte Waren erhebt, nicht eine abstrakte Kennzahl aus der Handelsbilanz. Doch genau diese Zahl wurde auf der Tafel präsentiert, und die neuen US-Importzölle wurden daraufhin oft auf etwa die Hälfte dieses „Zolls“ festgesetzt – mit einer Mindestgrenze von 10 %.

Kleines Land – großes Opfer: Vietnam

Die Handelsbeziehungen zwischen den USA und Vietnam haben in den letzten Jahren erheblich zugenommen. Im Jahr 2024 erreichte das Handelsvolumen zwischen beiden Ländern schätzungsweise 149,6 Milliarden US-Dollar. Die US-Exporte nach Vietnam beliefen sich auf 13,1 Milliarden US-Dollar, während die Importe aus Vietnam 136,6 Milliarden US-Dollar betrugen, was zu einem Handelsdefizit von 123,5 Milliarden US-Dollar führte. Die Daten sind hier nachprüfbar, und beruhen auf offiziellen Berechnungen der US-Administration.

Mehrere amerikanische Unternehmen haben in den letzten Jahren Produktionsstätten in Vietnam errichtet oder ihre Investitionen dort ausgeweitet. Ein wesentlicher Grund dafür sind die niedrigen Lohn- und Fertigungskosten, und die strategisch günstige Lage. Vietnam ist zu einem bedeutenden Exporteur von Elektronik, Textilien und Schuhwaren in die USA geworden.

Nach der Berechnung der amerikanischen Regierung betragen die „Zölle“ Vietnams angeblich mehr als 90%, und aus diesem Grund wurde nun ein Importzoll von 46% auf Güter aus Vietnam verhängt. Was bedeutet das nun für US-Unternehmen wie Apple oder Nike, die in Vietnam fertigen lassen?

Entweder beziehen diese Unternehmen ihre Güter nun aus anderen Ländern, die im Zweifel entweder höhere Kosten als Vietnam aufweisen, oder ebenfalls mit Zöllen belastet wurden. Oder die Güter werden künftig in den USA hergestellt, wahrscheinlich zu deutlich höheren Kosten als bisher. Die Kostendifferenz trägt entweder der Verbraucher, indem die Verkaufspreise angepasst werden, oder das Unternehmen, oder eine Mischform.

Kurzfristig ist jedoch nicht mit einem positiven Effekt für die USA zu rechnen, da aufgrund langfristiger Lieferverträge, komplizierter Lieferketten und nicht vorhandener Produktionskapazitäten eine schnelle Anpassung eine Illusion darstellt.

Wie geht Trump mit seiner Definition der Zölle um?

Ein Beispiel hierfür ist China: Obwohl der tatsächliche durchschnittliche Zollsatz Chinas auf US-Waren etwa 23 % beträgt, errechnete das Weiße Haus unter Berücksichtigung des Handelsdefizits und anderer Faktoren eine Barriere („Zölle“) von 67 %. Die USA legten daraufhin einen neuen Zollsatz von etwa der Hälfte dieses Wertes fest, nämlich 34 %. Ähnlich verhielt es sich mit anderen Ländern: Die Europäische Union wurde mit einem Zollsatz von 20 % belegt, Japan mit 24 %, Vietnam mit 46 % und das Vereinigte Königreich mit 10 %.

Besonders betroffen sind kleine Länder, die wenig Handel mit den USA betreiben. Gründet beispielsweise ein großes amerikanisches Unternehmen dort eine Produktionsstätte, und importiert die „eigenen“ vor Ort produzierten Güter, trägt das negativ zur Handelsbilanz mit diesem Land bei – in der Definition von Trump entsteht ein „Zoll“.

Die Realität der Zölle

In Wirklichkeit erheben Handelspartner wie die EU oder Kanada Zölle, die weit unter diesen Werten liegen. Die EU etwa verlangt 10 % auf US-Autos, während die USA nur 2,5 % auf EU-Autos erheben – ein Unterschied, den Trump oft beklagt, aber der mit 50 % oder gar 25 % wenig zu tun hat. Auch nichttarifäre Barrieren wie Regulierungen oder Steuern (z. B. die Mehrwertsteuer) wurden von Trump als „versteckte Zölle“ ins Spiel gebracht, doch eine präzise Berechnung bleibt aus. Stattdessen scheint die Methode eine Mischung aus Handelsdefizit-Rechnung, politischer Willkür und Verhandlungsdruck zu sein.

Die Folgen: Ein drohendes Chaos

Wenn diese „Vergeltungszölle“ in den nächsten Tagen wie angekündigt umgesetzt werden, steht der globale Handel vor einer Zerreißprobe. Die unmittelbaren Auswirkungen sind absehbar:

  • Inflation in den USA: Höhere Importzölle treiben die Preise für Konsumgüter in die Höhe – von Autos bis zu Elektronik.
  • Wirtschaftliches Wachstum: Ein Rückgang des Handels könnte das ohnehin fragile globale Wachstum bremsen.
  • Disruptionen: Länder, die stark von den USA abhängig sind – wie Kanada oder Mexiko –, könnten besonders leiden.

Die Reaktionen der Handelspartner bleiben abzuwarten, aber die EU hat bereits in der Vergangenheit mit Gegenmaßnahmen auf US-Zölle reagiert, etwa auf Stahl und Aluminium. Ein neuer Handelskrieg ist nicht unwahrscheinlich. Während der Präsentation verlor der Future auf den S&P 500 mehrere Prozentpunkte in wenigen Minuten – ein klares Zeichen, dass die Märkte Trumps Plan misstrauen.

Trumps Kalkül: Wunsch und Wirklichkeit

Trump erhofft sich, dass Unternehmen nun in die USA zurückkehren, um Zölle zu vermeiden und heimische Jobs zu schaffen. Doch dieser Plan ist illusorisch. Kein Unternehmen wird sich langfristig an einen Partner binden wollen, dessen Politik so unberechenbar ist. Verlagerungen wird es geben, aber eher in andere Märkte wie Asien oder Europa, nicht in die USA. Der Schaden für das Vertrauen in die US-Wirtschaft könnte enorm sein.

Fazit: Ein Eigentor mit Ansage

Die Verkündung vom 2. April 2025 war ein Schaufenster für Trumps Weltbild: laut, selbstzentriert und wirtschaftlich fragwürdig. Statt einer durchdachten Strategie präsentierte er eine Show, die mit falschen Prämissen und kreativer Mathematik punkten wollte. Die USA haben sich mit diesem „Liberation Day“ ein gigantisches Eigentor geschossen – und die Weltwirtschaft wird die Zeche zahlen. Wir werden weiter berichten, wie sich die Situation entwickelt.

 

Hier finden Sie die Berichterstattung des Handelsblatts zu dem Thema: Trump ruft Notstand aus und belegt US-Importe mit neuen Zöllen

 

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