Hump of the week: Cool, cooler, Jerome Powell!
Cool, cooler, Jerome Powell – Warum der US-Notenbankchef derzeit Vertrauen schafft
Autor: Carsten Vennemann, CFA, Geschäftsführer alpha beta asset management GmbH
Jerome Powell bleibt standhaft.
Der Präsident der US-Notenbank (Federal Reserve) hat gestern erneut vor dem Kongress Stellung bezogen – und einmal mehr seine bemerkenswerte Fähigkeit unter Beweis gestellt, zwischen politischem Druck und geldpolitischer Verantwortung zu balancieren.
Trotz massiver öffentlicher Anfeindungen durch Donald Trump bleibt Powell ruhig, professionell und sachlich. Seine Kernaussage: Eine Zinssenkung ist möglich, aber nicht politisch motiviert. Der Kapitalmarkt reagierte beruhigt – und das ist kein Zufall.
Trump gegen Powell: Ein ungleicher Kampf
Trumps Forderung nach sofortigen Zinssenkungen – zuletzt sprach er von einer „2-Prozent-Senkung“ – stößt auf breite Ablehnung. Nicht nur bei Ökonomen weltweit, sondern vermutlich auch an den Finanzmärkten. Die Argumentation ist ebenso einfach wie schlüssig:
- Powells Amtszeit läuft noch bis Mai 2026.
- Er gilt international als renommierter Fachmann.
- Wäre Powell fachlich ungeeignet, hätten die Märkte das längst signalisiert – haben sie aber nicht.
- Das oberste US-Gericht (Supreme Court) hat kürzlich die Unabhängigkeit der Federal Reserve Bank und damit auch die Position Powells gestärkt.
Kurz: Trumps Vorwürfe sind politisch motiviert und entbehren einer soliden Grundlage.
Die Strategie des politischen Drucks
Trump weiß, dass er Powell nicht direkt entlassen kann. Das hat das Supreme Court unmissverständlich klargestellt. Dennoch könnte er versuchen, die Zusammensetzung des Federal Open Market Committee (FOMC) zu beeinflussen.
Konkret: Trump hat die Möglichkeit, zwei neue Fed-Governors zu ernennen – und könnte damit indirekt Druck aufbauen. Das Ziel: Die Mehrheit im FOMC kippen und damit Powells Linie untergraben. Ein taktisches Manöver, das allerdings wenig Erfolg verspricht.
Denn: Powell hat auch innerhalb des Gremiums Unterstützung – selbst wenn diese nicht uneingeschränkt ist. Zwei FOMC-Mitglieder, Michelle Bowman und Christopher Waller, die von Trump selbst in Amt und Würden gebracht wurden, signalisierten kürzlich Offenheit für eine Zinssenkung bereits im Juli. Beide gelten als potenzielle Nachfolger Powells – und verfolgen eine geldpolitisch eher lockere Linie.
Marktreaktionen: Juli oder September?
Die Wahrscheinlichkeit einer Zinssenkung im Juli liegt laut Geldmarktanalysen aktuell bei etwa 25 Prozent. Ein Schritt im September ist mit rund 80 Prozent deutlich wahrscheinlicher. Entscheidend ist jedoch weniger der exakte Zeitpunkt als das Signal dahinter: Die Federal Reserve bleibt handlungsfähig – und unabhängig.
Auch wenn ein einzelner Zinsschritt von 0,25 Prozent wirtschaftlich überschaubare Auswirkungen hätte, wäre ein politisch erzwungener Kurswechsel ein fatales Signal. Eine aufgeweichte geldpolitische Unabhängigkeit könnte weitreichende Schockwellen auslösen – von Währungsunsicherheiten bis hin zu Kapitalabflüssen.
Was bedeutet das für Anleger?
Der Kapitalmarkt verfolgt die Situation mit hoher Aufmerksamkeit – reagiert bislang jedoch gelassen. Das liegt vor allem an Jerome Powell. Sein Auftritt vor dem Kongress wirkte stabilisierend, seine Aussagen klar und souverän. Er sendet ein wichtiges Signal an Investoren: Die US-Notenbank lässt sich nicht instrumentalisieren.
Zugleich macht Powell deutlich: Die Federal Reserve schließt weitere Zinsschritte nicht aus – entscheidet aber datenbasiert und unabhängig.
Drei zentrale Erkenntnisse:
1. Die Märkte vertrauen Powell.
Er bleibt seiner Linie treu und zeigt Führung – auch unter politischem Druck. Das stärkt die Glaubwürdigkeit der Fed.
2. Trump kann Powell nicht direkt entlassen.
Aber er kann versuchen, durch Neubesetzungen Einfluss zu nehmen. Ob das gelingt, ist fraglich – der Markt scheint nicht daran zu glauben.
3. Eine Eskalation wäre riskant – auch für Trump.
Sollte er die Märkte aus dem Gleichgewicht bringen, schadet er sich selbst. Wahrscheinlicher ist eine Serie kleinerer Nadelstiche, auf die Powell nicht reagiert.
Fazit
Jerome Powell beweist inmitten politischer Angriffe Rückgrat. Er steht für Stabilität und sachorientierte Geldpolitik – ein entscheidender Faktor in einer Welt voller Unsicherheiten.
Die zentrale Frage bleibt: Wird Powell diesen Kurs halten können, auch wenn der politische Druck weiter zunimmt?
Die Finanzmärkte setzen darauf. Und das ist ein gutes Zeichen.
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