Hump of the week: China und die USA – Auch künftig Handelspartner oder nur noch Systemgegner?

Verhandlung USA China 2025“, „Handelsbilanz China Mai“, „Caixin Manufacturing Index“

Autor: Carsten Vennemann, CFA, Geschäftsführer alpha beta asset management GmbH

Die Delegationen der USA und Chinas treffen sich erneut zu Gesprächen – diesmal in London. Parallel dazu führten Präsident Xi und Präsident Trump ein Telefongespräch. In der vergangenen Nacht kam die vermeintlich gute Nachricht: Ein „Rahmenabkommen“ sei erreicht worden. Doch was auf den ersten Blick wie ein diplomatischer Durchbruch wirkt, verliert an Gewicht, wenn man die aktuellen Handelszahlen betrachtet.

Im Mai brach der Handel zwischen beiden Ländern massiv ein. Chinas Exporte in die USA fielen im Vergleich zum Vorjahresmonat um 34,5 %, die Importe sanken um 18,1 %. Diese drastischen Rückgänge zeigen, dass der bilaterale Warenverkehr bereits deutlich gestört ist. Während also auf der diplomatischen Bühne Einigkeit suggeriert wird, spricht die wirtschaftliche Realität eine andere Sprache.

Chinas Handelsstrategie: Diversifizierung statt Eskalation

Dennoch zeigt sich China im internationalen Handel robust. Die Gesamtexporte des Landes stiegen im Mai um 4,8 %, während die Importe um 3,4 % zurückgingen. Ein klarer Hinweis darauf, dass China beginnt, seine Handelsbeziehungen strategisch umzulenken. Besonders auffällig: Die Exporte nach Deutschland legten um 21,5 % zu, während die Importe hingegen um 1,3 % zurückgingen. Dieses Ungleichgewicht illustriert eine bewusste Verschiebung der Handelsströme: China sucht neue Absatzmärkte – und findet sie, zumindest kurzfristig.

Konjunkturell ist China in einer empfindlicheren Lage als die USA. Ein dauerhafter Ausfall des US-Marktes könnte den fragilen konjunkturellen Aufschwung ernsthaft gefährden. Umgekehrt bleibt die US-Wirtschaft auf den Zugang zu chinesischen Exporten, insbesondere zu „seltenen Erden“ für die High-Tech-Industrie, angewiesen. Diese wechselseitige Abhängigkeit sorgt dafür, dass die Gespräche zwischen beiden Nationen nicht abreißen.

Der Blick auf die Konjunktur: China unter Druck

Ein weiteres Warnsignal kommt aus der Industrie. Der Caixin Manufacturing Index fiel im Mai von 50,4 auf 48,3 – deutlich unter den Erwartungen. Besonders rückläufig waren die Teilbereiche Produktionsleistung und Auftragseingänge. Diese Entwicklung reflektiert die Unsicherheiten in Chinas Binnenwirtschaft und die Auswirkungen globaler Spannungen auf die Industrieproduktion.

Chinas wirtschaftliche Herausforderungen sind vielfältig: Neben der Konsumschwäche sorgt die anhaltende Immobilienkrise für Belastung. Die Regierung reagiert mit einer Kombination aus Deregulierung, geld- und fiskalpolitischen Impulsen sowie einer kontrollierten Abwertung der Landeswährung. Letztere Maßnahme ist in den USA wenig beliebt, da sie als Wettbewerbsverzerrung wahrgenommen wird.

Kapitalmärkte bleiben gelassen

Trotz dieser schwierigen Lage strahlt der chinesische Aktienmarkt Zuversicht aus. Der MSCI China legte über die letzten zwölf Monate um rund 22 % zu, Technologiewerte aus Hongkong sogar um 36 %. Investoren scheinen an eine Lösung der wirtschaftspolitischen Probleme zu glauben oder preisen sie zumindest langfristig ein.

Fazit 1: Seit dem 14. Mai beträgt der US-Zollsatz auf chinesische Importe 30 %, während China pauschal 10 % auf US-Waren erhebt. Diese Asymmetrie legt nahe, dass China ein größeres Interesse an einer baldigen Einigung hat – auch wenn es mit seltenen Erden und einem riesigen Binnenmarkt über signifikante Verhandlungsmasse verfügt.

Fazit 2: Die chinesische Wirtschaft kämpft weiterhin mit den strukturellen Folgen der Pandemie und einer überdehnten Immobilienwirtschaft. Ein Handelskonflikt mit dem wichtigsten Exportpartner USA trifft die Volksrepublik zur Unzeit – und dürfte ihren Handlungsspielraum in der Wirtschaftspolitik zusätzlich einschränken. Peking wird daher voraussichtlich alles daransetzen, um den Konflikt diplomatisch zu lösen.

Fazit 3: Auf strategischer Ebene betrachtet sich China – trotz aller Schwierigkeiten – auf einem langfristigen Erfolgsweg. Die aggressive US-Zollpolitik unter Trump stellt ein ernstzunehmendes Risiko dar. Doch ähnlich wie im Kalten Krieg mit der Sowjetunion kennen beide Seiten ihre Grenzen. Die gegenseitige ökonomische Abhängigkeit ist zu groß, als dass ein offener Konflikt führbar wäre. Es bleibt daher zu hoffen, dass auf beiden Seiten am Ende die Vernunft siegt.

Was denken Sie? Wird es bei der friedlichen Koexistenz mit gegenseitigem Nutzen bleiben – oder bewegt sich eine Seite doch zu weit aus dem Fenster? Welche Szenarien halten Sie für wahrscheinlich?

Vennemann HiRes 5624

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