Hump of the week: Unabhängige Notenbanken – Horror für Trump, Ideal der Wissenschaft, Erfolgsgarant?

Unabhängige Notenbanken – Horror für Trump, Ideal der Wissenschaft, Erfolgsgarant?

Wöchentlicher Marktkommentar

Autor: Carsten Vennemann, CFA, Geschäftsführer alpha beta asset management GmbH

Unabhängige Notenbanken – Horror für Trump, Ideal der Wissenschaft, Erfolgsgarant?

Warum Geldpolitik nicht in die Hände der Politik gehört

Eine Notenbank steuert die Geldpolitik eines Landes und ist verantwortlich für die Geldwertstabilität. Diese Aufgabe ist zentral für jede Volkswirtschaft. Denn ohne Vertrauen der Bürger in die Stabilität des Geldes verliert eine Währung entweder ihre Akzeptanz oder wird durch Inflation entwertet – beides mit schwerwiegenden Folgen für Wirtschaft, Vermögen und gesellschaftliche Stabilität.

Die Idee hinter einer unabhängigen Notenbank ist einfach, aber wirkungsvoll: Entscheidungen über Zinsen, Liquidität oder geldpolitische Impulse sollen nicht durch politische Ziele verzerrt, sondern anhand von ökonomischen Daten getroffen werden. Kurz gesagt: Geldpolitik soll auf Stabilität, nicht auf Wiederwahl ausgerichtet sein.

Stabilitätsgesetz, Bundesbank und der Erfolg der D-Mark

Ein Blick zurück zeigt, wie früh Deutschland diese Weichen gestellt hat. Vor fast 60 Jahren verabschiedete die Regierung unter Ludwig Erhard das sogenannte Stabilitätsgesetz. Es formulierte vier wirtschaftspolitische Ziele: Vollbeschäftigung, Preisstabilität, außenwirtschaftliches Gleichgewicht und angemessenes Wachstum. Die Koordination dieser Ziele erforderte eine enge, aber ausgewogene Koordination zwischen Regierung und Notenbank.

Die Unabhängigkeit der Bundesbank war dabei gesetzlich verankert – ein Modell, das nicht nur funktionierte, sondern maßgeblich zum Erfolg der D-Mark beitrug. Als die Europäische Zentralbank (EZB) geschaffen wurde, übernahm sie diesen Grundgedanken. Auch ihre geldpolitische Unabhängigkeit ist im EU-Vertrag festgelegt. Dennoch bleibt die EZB – aufgrund ihrer Bedeutung und der politischen Tragweite ihrer Entscheidungen – immer wieder Gegenstand öffentlicher Debatten.

Internationaler Vergleich: Fed, Bank of England & politische Einflussversuche

Auch andere Länder haben die Unabhängigkeit ihrer Zentralbanken verankert – mit unterschiedlichen historischen Entwicklungen. In den USA ist die Federal Reserve (Fed) laut Gesetz unabhängig. Sie unterliegt allerdings der parlamentarischen Kontrolle durch den Kongress und muss dort regelmäßig Rechenschaft ablegen. Weisungen in der Geldpolitik darf sie nicht empfangen.

In Großbritannien war das lange anders. Die Bank of England unterstand bis 1997 dem Schatzkanzler. Erst unter der Labour-Regierung von Tony Blair wurde die Unabhängigkeit gesetzlich fixiert – eine Entscheidung, die von vielen Ökonomen als Wendepunkt betrachtet wird. Bis heute gilt sie als Erfolgsmodell für glaubwürdige Geldpolitik.

Trotzdem bleibt die Frage aktuell, wie viel Einfluss politische Akteure auf die Notenbanken ausüben (wollen). Natürlich haben Regierungen in der Vergangenheit versucht, „ihre Leute“ an die Spitze der Notenbanken zu bringen – ein übliches, im Rahmen der Gesetze liegendes Vorgehen. Doch dass ein Präsident offen ankündigt, die institutionelle Unabhängigkeit aufheben zu wollen, stellt eine neue Qualität dar.

Trumps Pläne zur Fed-Reform – und die möglichen Folgen

Donald Trump hat in den letzten Wochen erneut deutlich gemacht, was er von unabhängiger Geldpolitik hält: wenig. Seine Pläne sehen vor, das FOMC-Gremium der Fed umzustrukturieren, um politischen Einfluss auf die Zinspolitik zu gewinnen. Die Idee: Die Geldpolitik soll direkter den Vorstellungen des Weißen Hauses folgen – mit dem Ziel, das Wachstum zu stützen und die Zinsen niedrig zu halten.

Das wäre ein fundamentaler Bruch mit den Prinzipien, auf denen die Fed seit ihrer Gründung basiert. Studien des Internationalen Währungsfonds (IWF) belegen seit den 1990er-Jahren, dass Länder mit unabhängiger Geldpolitik signifikant niedrigere Inflationsraten und höhere Glaubwürdigkeit am Kapitalmarkt aufweisen.

Wird diese Unabhängigkeit ausgehöhlt, droht eine Reihe negativer Effekte: Zinspolitik würde kurzfristiger und prozyklischer, Vertrauen in den Dollar könnte sinken, Kapitalströme sich verlagern. Ein Szenario, das nicht nur die US-Wirtschaft, sondern auch globale Finanzmärkte empfindlich treffen würde.

Fazit 1: Geldpolitik braucht Unabhängigkeit

Eine erfolgreiche Geldpolitik muss unabhängig sein. Wird sie durch politische Einflussnahme gesteuert, kann sie kurzfristig populär sein – aber langfristig das Ziel der Stabilität verfehlen. Denn: Geldpolitik wirkt mit zeitlicher Verzögerung. Wer heute senkt, um morgen Wachstum zu erzeugen, riskiert übermorgen Inflation.

Fazit 2: Wissenschaftlich klar belegt

Die Wissenschaft ist sich einig: Unabhängige Notenbanken sichern den Geldwert besser als politisch gesteuerte Institutionen. Ob Bundesbank, Bank of England oder Fed – die Vergangenheit zeigt: Wer unabhängig agieren darf, sorgt für glaubwürdige, nachhaltige Geldpolitik.

Fazit 3: Trumps Kurs wäre ein Risiko für den Kapitalmarkt

Trump hat in den letzten Wochen klargemacht, was er will: Einfluss. Sollte es ihm gelingen, die Geldpolitik direkt der Regierung zu unterstellen, würde das weitreichende Konsequenzen haben: Vertrauen am Kapitalmarkt könnte sinken, die Kapitalmarktzinsen steigen, der Dollar an Wert verlieren. Die Folge: globale Finanzströme könnten in Bewegung geraten – mit kaum abschätzbarem Ausmaß. Massive Marktverwerfungen wären wahrscheinlich.

Fazit 4: Hoffnung durch Gegengewichte

Die gute Nachricht: Dieses Risiko wird – so die Einschätzung vieler Beobachter – auch in Washington verstanden. Der Finanzminister Bessent scheint die Tragweite möglicher Eingriffe zu kennen. Auch die großen Wall-Street-Häuser dürften wenig Interesse daran haben, die Fed zur politischen Abteilung der Regierung zu machen. Es bleibt also Hoffnung, dass der institutionelle Rahmen standhält.

Wie bewerten Sie den Einfluss politischer Macht auf Notenbanken? Wird die Unabhängigkeit zur Nebensache – oder bleibt sie ein unantastbares Prinzip?

Vennemann HiRes 5624

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