Hump of the week: Indien und China – Die nächste Generation der Supermächte?
Indien und China – Die nächste Generation der Supermächte?
Autor: Carsten Vennemann, CFA, Geschäftsführer alpha beta asset management GmbH
Politische und wirtschaftliche Schwergewichte im Aufstieg
Politisch vielleicht, wirtschaftlich auf jeden Fall: China liegt bereits seit längerem auf Platz zwei der weltweiten Bruttoinlandsprodukt-Rangliste. Indien rangiert inzwischen auf Platz fünf, noch vor Großbritannien und Frankreich. Beide Länder sind Mitglieder der sogenannten BRICS-Staaten – ein Verbund, der sich zunehmend als Gegenpol zum Westen versteht. Zwar erschwert die Heterogenität eine einheitliche Linie, dennoch ist die globale Relevanz kaum zu übersehen.
Für Anleger, Unternehmer und politische Entscheidungsträger stellt sich die Frage: Sind Indien und China auf dem Weg zur nächsten Generation globaler Supermächte?
Indien: Wachstumsstory mit politischem Selbstbewusstsein
Wirtschaftsdynamik und geopolitische Stärke
Indien wächst 2025 voraussichtlich um rund 6,5 % und ist damit das am schnellsten wachsende große Schwellenland. Premierminister Narendra Modi strebt sogar Wachstumsraten von 8 % an. Dieses Selbstbewusstsein zeigt sich auch außenpolitisch: Indien stellt sich offen gegen die USA, etwa durch eine Steigerung der Ölimporte aus Russland – trotz massiver Kritik aus Washington. Gleichzeitig sendet Neu-Delhi Signale der Kooperation, indem Importzölle auf Baumwollprodukte gesenkt wurden. Diese „Zuckerbrot-und-Peitsche-Strategie“ zeugt von wachsender politischer Reife und Verhandlungsmacht.
Fiskalische Reformen und Kapitalmarkt
Ein weiterer Wachstumstreiber sind geplante Steuerreformen: Modi kündigte an, die Umsatzsteuersätze von 12 % und 28 % auf 5 % und 18 % zu senken. Rund 99 % der Waren würden künftig nur noch dem niedrigeren Satz unterliegen. Parallel werden Importzölle auf Stahl für drei Jahre fixiert, um die heimische Industrie zu schützen.
Auch die Kapitalmärkte entwickeln sich dynamisch. Der indische Aktienmarkt hat sich in den letzten fünf Jahren verdoppelt. 2025 liegt er zwar mit -9 % im Minus (bedingtbeispielsweise durch geopolitische Spannungen mit Pakistan und die US-Zollpolitik), dennoch bleibt das Wachstumspotenzial hoch.
Ein weiterer Vorteil: Die Inflation ermäßigt sich aktuell und die Renditen zehnjähriger Staatsanleihen sind seit der Corona-Krise von 7,5 % auf aktuell 6,25 % gesunken. Damit verfügt die Notenbank über geldpolitische Flexibilität, um die Konjunktur im Bedarfsfall zu stützen.
China: Strukturelle Schwächen, aber politische Kontrolle
Immobilienkrise und schwacher Konsum
China dagegen kämpft weiterhin mit Altlasten der Immobilienkrise. Die Hauspreise sinken weiter, der Konsum bleibt verhalten. Für 2025 wird ein Wirtschaftswachstum von nur noch 4,5 % erwartet. Auch die demografische Entwicklung bleibt ein langfristiges Risiko: Eine alternde Bevölkerung und sinkende Geburtenraten belasten die Perspektiven.
Inflation und Exportstrategien
Positiv ist, dass die Konsumentenpreise zuletzt wieder anzogen. Das Risiko einer Deflation scheint gebannt, auch dank massiver staatlicher Stützungsmaßnahmen. Allerdings bleiben die Produzentenpreise schwach, was auf weiterhin fragile Nachfragebedingungen hindeutet.
Aus handelspolitischer Sicht zeigt China derzeit wenig Interesse an einer Eskalation mit dem Westen. Zu wichtig ist ein stabiles Wachstum, um die Bevölkerung ruhigzustellen. So überrascht es nicht, dass die Exporte von Seltenen Erden in die USA und die EU im Juli wieder deutlich gestiegen sind.
Fazit: Zwei Länder, viele Chancen – und Risiken
Fazit 1: Politische und wirtschaftliche Schwergewichte
Indien und China sind längst politische Schwergewichte – und wirtschaftlich ebenfalls unverzichtbar. Beide verfolgen ihre eigenen Strategien, suchen Kooperationen, wo es sinnvoll erscheint, ohne sich dauerhaft zu binden.
Fazit 2: Indien mit klarer Wachstumsstory, China als Risikofaktor
Indien überzeugt durch Wachstum und geopolitische Flexibilität. China bleibt zwar ein Systemgegner des Westens und birgt strukturelle Risiken. Politisch wie wirtschaftlich ist eine Abkehr von China kaum realistisch und sinnvoll, doch die Risiken (Immobilien, Demografie, geopolitische Spannungen) bleiben hoch.
Fazit 3: Bedeutung für Deutschland und Europa
Für Deutschland sind beide Länder von zentraler Bedeutung: als Absatzmarkt, Beschaffungsmarkt und Produktionsstandort. Ihre Rolle im Außenhandel wird in den kommenden Jahren eher zunehmen. Gleichzeitig gilt es, Lieferkettenabhängigkeiten so gering wie möglich zu halten – eine Lehre aus den Erfahrungen der letzten Jahre.
Fazit 4: Kapitalmarktperspektive
Kapitalmarktseitig sind beide Länder interessant:
Indien bleibt für uns eine strategische Wachstumsposition, die langfristig im Portfolio vertreten sein sollte.
China bietet taktische Chancen, insbesondere im Technologiesektor (Hongkong), ist aber deutlich volatiler. Die jüngsten Bewertungen eröffnen allerdings Einstiegsgelegenheiten.
Ausblick: Dynamisches Duo oder systemischer Rivale?
Indien und China sind auf dem besten Weg, die nächste Generation der Supermächte zu prägen. Doch ihre Wege unterscheiden sich deutlich: Indien punktet mit demokratischer Legitimation, jungen Bevölkerungsstrukturen und Dynamik. China dagegen setzt auf politische Kontrolle, staatliche Lenkung und strategische Industriepolitik.
Für Anleger und Unternehmen in Deutschland bedeutet das: Chancen erkennen, Risiken aktiv managen und vor allem die Diversifikation wahren.
Wie schätzen Sie das Potenzial von Indien und China ein? Sind sie das dynamische Duo der kommenden Dekade – und was bedeutet das für Deutschland?

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