Digitaler Euro vs. US-Stablecoins – Wie Europa seinen Vorsprung verspielt

Der digitale Euro vs. US-Stablecoins – wie Europa seinen Vorsprung verspielt

Die USA haben mit dem Genius Act Fakten geschaffen: regulierte Stablecoins als digitaler Dollar-Ersatz. Europa dagegen ringt mit dem digitalen Euro um den perfekten Ansatz – und verliert wertvolle Zeit. Ein Vergleich zeigt, wie unterschiedlich die Wege sind und was das für Bürger, Banken und die geopolitische Bedeutung des Euro bedeutet.


Der digitale Euro vs. US-Stablecoins – wie Europa seinen Vorsprung verspielt

Europa wollte Vorreiter sein. Mit der MiCA-Verordnung galt die EU lange als Musterbeispiel für vorausschauende Regulierung im Kryptomarkt. Während die USA noch stritten, ob digitale Währungen überhaupt in die Finanzarchitektur passen, hatte Brüssel bereits einen umfassenden Rahmen beschlossen.

So weit, so gut.

Doch spätestens mit der Wahl in den USA, und der nun krypto-freundlichen Regulierung hat sich das Umfeld massiv verändert. Unter der Biden-Administration wurde der Sektor skeptisch beäugt, mitunter juristisch bekämpft. Regulatorisch war ein Vakuum entstanden, dass zumindest teilweise für spektakuläre Pleiten und Exzesse mitverantwortlich gemacht werden kann.

Trump hatte sich im Wahlkampf als „Krypto-Präsident“ positioniert, und seit seinem Amtsantritt, das muss ihm fairerweise trotz aller Kritik an seinem Vorgehen zugestanden werden, auch geliefert.

Was ist aus dem ehemaligen Vorsprung Europas geworden? Wie haben wir diesen genutzt?

Denn heute, im Sommer 2025, wirkt dieses Bild wie aus der Zeit gefallen: Die USA haben mit dem Genius Act ein Stablecoin-Gesetz verabschiedet, das den Dollar in digitaler Form weltweit konkurrenzfähig macht. Europa dagegen ringt mit dem digitalen Euro – einem Projekt, das ambitioniert klingt, aber politisch und technisch schwerfällig ist.

Der US-Weg: Kein staatlicher Digitaldollar, dafür regulierte Stablecoins

Verbot des staatlichen Digitaldollars

Ein zentrales Element des US-Ansatzes: Der Kongress hat einen staatlich ausgegebenen Digitaldollar ausgeschlossen. Die Angst vor einer „Überwachung durch die Zentralbank“ war parteiübergreifend zu groß.

Regulierte private Stablecoins

Stattdessen dürfen private Unternehmen Stablecoins ausgeben – streng reguliert und vollständig gedeckt:

  • Jeder Token muss durch kurzlaufende US-Staatsanleihen oder vergleichbare sichere Assets abgesichert sein.

  • Die Anbieter stehen unter der Kontrolle der Finanzaufsichtsbehörden.

  • Wettbewerb ist explizit erwünscht – FinTechs, Banken, Tech-Konzerne können um Kunden buhlen.

Marktboom 2025: Stablecoins setzen sich durch

Der Markt für US-Dollar-Stablecoins erlebt 2025 einen regelrechten Boom:

  • Die gesamten Stablecoin-Transaktionen stiegen von 5,7 Billionen USD im Jahr 2024 um beeindruckende 66 % im ersten Quartal 2025.

  • Speziell Circle’s USDC verzeichnete im zweiten Quartal 2025 ein Transaktionsvolumen von 5,9 Billionen USD – eine Verfünffachung gegenüber dem Vorjahr.

  • Die Marktkapitalisierung des Stablecoin-Marktes überstieg bereits Mitte 2025 die Marke von 250 Milliarden USD, rund 99 % davon sind an den US-Dollar gebunden. Das Volumen wächst von Woche zu Woche – aktuell im August 2025 schon circa 280 Mrd. USD.

Stablecoins sind damit nicht mehr Nischenprodukte, sondern elementare Infrastruktur des internationalen Zahlungsverkehrs.

Circle goes public – ein Meilenstein für private Emittenten

Circle, der Emittent des USDC und eine der führenden Stablecoin-Firmen, startete im Juni 2025 erfolgreich an der NYSE:

  • Der IPO brachte Circle 1,1 Milliarden USD frisches Kapital, die Bewertung lag bei 6,9 Milliarden USD.

  • Der erste Handelstag endete mit einem Kurs deutlich über dem Ausgabepreis – ein Zeichen für starke Marktnachfrage.

  • Umsatz und Reserveerlöse stiegen im zweiten Quartal um 53 % gegenüber dem Vorjahr auf 658 Millionen USD.

  • Die Umlaufmenge des USDC wuchs um 90 % im Jahresvergleich auf 61,3 Milliarden USD und stieg bis August auf 65,2 Milliarden USD.

  • Mit „Arc“ baut Circle zudem ein eigenes öffentliches Blockchain-Netzwerk auf, um Stablecoin-Zahlungen technologisch zu skalieren.

Der Börsengang signalisiert: Der Kapitalmarkt glaubt an das Modell. Private Anbieter profitieren unmittelbar von der regulatorischen Klarheit und vom wachsenden Bedarf an digitalen Dollar-Alternativen. Informationen zu den Daten finden Sie hier.

Der europäische Weg: Der digitale Euro als staatliche Währung

Ziele des Projekts

Die Europäische Zentralbank verfolgt ein anderes Modell: einen staatlichen digitalen Euro, herausgegeben und kontrolliert von der EZB. Er soll Bargeld in elektronischer Form ergänzen, europäische Souveränität im Zahlungsverkehr sichern und Abhängigkeiten von Dollar-Stablecoins oder BigTech-Lösungen reduzieren.

Die offenen Flanken

Doch der Ansatz hat Risiken:

  • Datenschutz: Viele Bürger fürchten, dass ihre Zahlungen gläsern werden könnten.

  • Bankenrisiko: Geschäftsbanken warnen vor massiven Einlagenabflüssen. Deshalb denkt die EZB über Guthabenlimits nach (z. B. 3.000 € pro Person).

  • Tempo: Europa sucht nach der perfekten Lösung, die alle Bedürfnisse – Bürger, Banken, Politik – gleichzeitig abdeckt.

Das Problem des Perfektionismus

Während die USA pragmatisch eine Lösung etablierten, verzettelt sich Europa. Der digitale Euro ist noch immer in der Vorbereitungsphase:

  • Pilotprojekte laufen.

  • Technische Partner werden gesucht.

  • Politischer Rahmen ist offen.

Der verlorene Vorsprung

Noch 2023 konnte Europa selbstbewusst behaupten, die Nase vorn zu haben. Mit MiCA schuf die EU als erste große Wirtschaftsmacht einen klaren Regulierungsrahmen. Die USA dagegen waren uneins.

Heute ist das Bild umgekehrt:

  • Die USA: Regulierung abgeschlossen, Emittenten startklar, Kapitalmarkt eingebunden.

  • Europa: Ein Projekt, das frühestens 2028 nutzbar sein wird – wenn überhaupt.

Während der digitale Dollar durch private Stablecoins weltweit im Einsatz ist, bleibt der digitale Euro ein Konzept.

Geopolitische Dimension: Dollar gegen Euro

Die Diskussion ist mehr als nur Technik oder Regulierung. Sie betrifft die geopolitische Machtbalance:

  • Der Dollar sichert durch Stablecoins seine globale Dominanz.

  • Der Euro droht weiter an Bedeutung zu verlieren, wenn er in der digitalen Welt nicht konkurrenzfähig ist.

Wenn afrikanische oder asiatische Länder künftig digitale Dollar-Stablecoins nutzen, wird die Reichweite des Euro noch geringer. Die Folge: weniger internationale Nachfrage nach Euro, weniger Gewicht für Europa im globalen Finanzsystem.

Zeitplan für den digitalen Euro

Ein nüchterner Blick zeigt, wie weit der Weg noch ist:

  1. Vorbereitungsphase (2023–2025): Regelwerk, technische Tests, Partnerauswahl.

  2. EZB-Beschluss (Oktober 2025): Entscheidung über Fortsetzung.

  3. Politischer Rahmen (2026): EU-Parlament und Rat müssen ein Gesetz verabschieden. Erfahrungsgemäß dauert das 1–2 Jahre.

  4. Pilotphase (2027–2028): Tests in ausgewählten Regionen und Sektoren.

  5. Breite Einführung (frühestens 2028–2029): Wahrscheinlich mit Obergrenzen und schrittweise.

Die große Kontroverse: Vertrauen vs. Pragmatismus

  • USA: Privater Wettbewerb, staatliche Kontrolle, schnelle Umsetzung.

  • Europa: Staatliches Monopol, viele Kompromisse, langsamer Prozess.

Das führt zu einer Grundsatzfrage: Wem vertrauen wir mehr – privaten Anbietern unter strenger Aufsicht oder einer Zentralbank mit direkter Kontrolle?

Befürworter des US-Wegs sehen Effizienz, Pragmatismus und Marktdynamik. Kritiker fürchten zu viel Macht privater Konzerne.

Anhänger des europäischen Modells verweisen auf Sicherheit, staatliche Garantie und Stabilität. Kritiker sehen Überwachung, Bürokratie und Verzögerung.

Fazit: Zwei Philosophien, zwei Geschwindigkeiten

Die USA setzen Standards, weil sie Tempo und Pragmatismus über Perfektion stellen. Die EU verliert Zeit, weil sie auf die perfekte Lösung wartet – und dabei Gefahr läuft, dass der Euro in der digitalen Welt kaum noch eine Rolle spielt.

Für Anleger, Unternehmen und Bürger bleibt entscheidend:

  • In den USA sind Stablecoins heute Realität.

  • In Europa ist der digitale Euro ein Projekt mit unklarem Startdatum.

Wer auf absehbare Zeit digitale Zahlungsmittel nutzen will, wird am US-Dollar kaum vorbeikommen.

 

Markus van de Weyer, Gründer und Geschäftsführer alpha beta asset management gmbh

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