KRYPTO | Meine Sicht | 09.11.2024

KRYPTO – Meine Sicht (Autor: Markus van de Weyer, Gründer und Geschäftsführer alpha beta asset management gmbh)

Werfen wir zuerst einen Blick auf die Zu- und Abflüsse dieser Woche in den Bitcoin und Ethereum ETF:

Diese Woche zeigt die Tendenz bei den Bitcoin ETF und Ethereum ETF in die gleiche Richtung:

Die Bitcoin ETF zeigten an drei Tagen Zuflüsse, der Wochenanfang vor den Wahlergebnissen war am Montag und Dienstag noch von Abflüssen geprägt. In Summe wurden in dieser Woche circa 1,631 Mrd. USD neues Geld eingesammelt, nach 2,2 Mrd. USD in der Vorwoche. Am Donnerstag meldete der IBIT von BlackRock mit 1,119 Mrd. USD einen Rekordzufluss auf Tagesbasis, ebenso die Summe aller ETF mit 1,373 Mrd. USD einen neuen täglichen Rekordwert.

Bei den Ethereum ETF zeigt sich ein sehr erfreuliches Bild im Vergleich zu den Vorwochen. Auch hier war der Montag noch von Abflüssen dominiert, doch insgesamt ergibt sich ein positiver Saldo von 154,7 Mio. USD. Besonders seit Mittwoch war ein lebhaftes Interesse spürbar, mit einem hohen Zufluss von 86 Mio. am Freitag.

Der Markt zeigte sich in einer überaus freundlichen Verfassung. Das klare Wahlergebnis sorgte in einem ersten Schritt für Erleichterung, die befürchtete Patt-Situation blieb aus. Im zweiten Schritt wurden die Folgen der Wahl klarer, mehr dazu später. Der Preis von Bitcoin erreichte im Wochenverlauf immer wieder neue Höchststände. Am 04. November war der Preis noch unter 67.000 USD gefallen, um mit den ersten Hochrechnungen deutlich anzuziehen. Im Wochenverlauf wurden Kurse von 77.000 USD erreicht. Die Handelsvolumina in den Bitcoin ETF erreichten in der Spitze mehr als 4 Mrd. USD am Tag. Ein noch größeres Feuerwerk erlebte Ethereum. Auch hier war der Preis kurz vor der Wahl noch unter 2.400 USD gerutscht, um am nächsten Tag sprunghaft zu steigen. In der Nacht zum Samstag wurden 3.000 USD und mehr erreicht, und damit konnte Ethereum endlich einen Teil der Underperformance gegenüber Bitcoin aufholen. Das gleiche gilt für viele etablierte Altcoins, die teilweise 20% und mehr steigen konnten.

Der in dieser Deutlichkeit doch überraschende Wahlsieg der Republikaner (wie von Polymarket vorhergesagt) wird für den Kryptomarkt die Weichen für die nächsten Jahre komplett neu stellen.

Im Vergleich zu Europa ist der Markt in großen Teilen noch unreguliert. Die Zulassung der Bitcoin und Ethereum ETF kam einer Zangengeburt gleich. Da die Klassifikation vieler Token fehlt, führt die Wertpapieraufsicht SEC seit vielen Jahren juristische Streitigkeiten gegen einige der Emittenten von Token. Noch ist unklar aufgrund fehlender gesetzlicher Regelungen, ob diese als „Wertpapiere“ zu betrachten sind, und die Emittenten beispielsweise gegen bestehende Vorschriften im Sinne des Wertpapiergesetzes verstossen haben. Befürworter einer krypto-freundlichen Regulierung argumentieren seit langem, Token als neue Assetklasse zu definieren. Teilweise wird diskutiert, der SEC gar die Aufsicht über diese neue Assetklasse zu entziehen.

Mit der künftigen Kontrolle über den Senat könnte die neue Regierung jetzt genau diese juristische Lücke schließen, und dem Markt für Kryptowährungen in den USA endlich eine finale rechtliche Struktur geben. Profitieren würden davon besonders die Teile des Marktes, die bisher noch nicht eindeutig geregelt sind – alle Coins außer Bitcoin und Ethereum. Für diese beiden großen, bekannten Coins wurden schon ETF Anträge genehmigt, für andere liegen vereinzelt Anträge vor, die aber noch nicht beschieden sind.

Welche Teile des Marktes könnten die größten Nutznießer sein? Einige etablierte Altcoins stehen für funktionierende Geschäftsmodelle. Viele Anwendungen auf der Ethereum Blockchain erzielen weltweit täglich Millionen von Umsätzen. Ein besonders hervorzuhebender Bereich ist DeFi (decentralized finance), der in manchen Regionen heute schon das traditionelle Bankensystem angreift. Überweisungen können in Millisekunden abgewickelt werden, sogar länderübergreifend, zu minimalen Gebühren. Im Vergleich dazu erscheinen selbst „Echtzeitüberweisungen“ mit ihren heutigen Gebühren überholt. Ähnliches gilt für Plattformen, auf denen digitale Assets verliehen und geliehen werden können, für Zinsen, ohne Zwischenschaltung einer Bank. Das diese Modelle der Aufsicht ein Dorn im Auge sind, ist verständlich, doch diese hat in den USA auch die Regulierung derselben verschlafen.

Wenn diese Lücke geschlossen wird, und die Unsicherheit beseitigt ist, werden auch diese Token kapitalmarktfähig werden, und das Geld institutioneller Investoren anziehen. Damit sehen wir besonders für diesen Teil des Marktes attraktive Chancen.

Ein zentraler Punkt des selbsternannten „Kryptopräsidenten“ war, dass die USA keine weiteren Bitcoin verkaufen werden, und zusätzlich die Aufnahme weiterer Bitcoin in die strategische Reserve. Kein Staat hält mehr Bitcoin als die USA, deren Bestand von mehr als 200.000 Bitcoin überwiegend aus Konfiszierungen besteht. Daneben hat die republikanische Senatorin Cynthia Lummis den Vorschlag unterbreitet, 5 Jahre lang jährlich 200.000 weitere Bitcoin zu kaufen. Bei täglich produzierten 450 Bitcoin würden allein diese Käufe das Angebot deutlich übertreffen. Sollte dieser Plan umgesetzt werden, würden opportunistische Anleger versuchen, durch eigene Käufe zuvorzukommen. Auch andere Staaten könnten sich dieser Idee anschließen, und ein Wettbewerb um die noch verfügbaren Bitcoin entstehen.

Die Bank VanEck erwartet für 2050, das Bitcoin sich als Reservewährung mit einem Gewicht von 2% etabliert hat, und im internationalen Handel verwendet wird. In diesem Modell wird ein Preis von 3.000.000 USD errechnet.

Die nächsten Wochen werden zeigen, inwieweit die Pläne umgesetzt werden. Zweifelsohne steht der Markt vor einer entscheidenden Phase, die dem bisherigen Wachstum eine neue Dynamik verleihen kann.

Schönen Gruß aus Frankfurt – und ein entspanntes Wochenende! ☀️

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Markus van de Weyer, Gründer und Geschäftsführer alpha beta asset management gmbh

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